Die Frage der Bildtitel lässt sich auf viele verschiedene Arten beantworten. Das Spektrum reicht von "ohne Titel" oder bloßen Nummern bis zu vieldeutigen Anspielungen und bedeutungsvollen Termini oder gar Aussagen. Kann ein Bild etwas sein, wenn es kein Programm darstellt, und sollte dieses Programm nicht durch Begriffe benannt, präzisiert, verbunden, oder zumindest kontextualisiert werden? Der Widerstand gegen das Begriffliche ist allerdings dem Kunstwerk immanent, wirbt doch das Ästhetische gerade um ein subjektives Wahrnehmen dessen, was ohne Begriff gefällt, und damit der Zweckrationalität entkommt. Allerdings ist dieses Ziel auch utopisch und erfordert eine Geschmackskultur, die privatem Streben nach Lustgewinn mit einem Gemeinsinn begegnet, der zwar auch Lust bedeutet, aber alle anderen darin einbezogen wissen will. Dieser Schritt scheint jedoch ohne vermittelnde Reflexion und sprachliche Kommunikation nur schwer möglich, und ein diskursiver Kontext die einzig denkbare Umgebung, in der er vollzogen werden kann. Die Herausforderung besteht also bei Bildtiteln darin, diesen Kontext zu aktivieren, ohne zu dem Kurzschluss zu verleiten, der darin bestehen würde, die benutzten Begriffe als die Programme selbst zu verstehen. Die Lücke zwischen dem, was durch Begriffe eingeordnet wird, und dem in seiner Komplexität sinnlich als sinnvoll Empfundenen (Geschmacksurteil bzw. Erfahrung des Sublimen), kann in unserer zweckrational dominierten Ordnung nicht geschlossen, aber sie kann markiert werden.
derzeit noch nicht aktiv, bitte versuchen Sie es später wieder