O.K Centrum für Gegenwartskunst, Linz2000
erschienen 2000 in springerin
Sich um Geld Gedanken zu machen, bedeutet in der Regel, unter einem chronischen Mangel zu leiden. Entweder man grübelt und sorgt sich, oder man hat es einfach. Gibt es da noch einen anderen möglichen Standpunkt?Erinnern wir uns an Althusser und seine Marx-Lektüre, dann erscheint Geld allerdings als Teil einer ökonomisch-politischen Struktur, die zwar im wesentlichen unbewusst bleibt, aber auch die Gedanken und Handlungsperspektiven der Subjekte derart durchdringt, dass subjektive Freiheit ohne kollektiven Widerstand nur noch illusionär schien.Auf vergleichbare theoretische Analysen spielt auch der Begriff, den diese Ausstellung im Titel führt, auf das Phänomen „Geld” an. Eine „Sozialmaschine” stellt man sich als eine Verkettung von Handlungen und Zeichen vor, die zwar im Einzelnen fein ausdifferenziert sein kann, aber im ganzen anonym und unerbittlich funktioniert. In dem Maß wie dieser Mechanismus komplex, umfassend und mächtig wird, haftet ihm auch etwas Unheimliches und Existenzbedrohendes an. Diese Maschine lässt sich nicht abschalten, und Unfälle sind grundsätzlich nicht auszuschließen. In einem ersten Teil der Ausstellung wird die „Kultur.Geschichte” des Geldes im museumsdidaktischer Form rekonstruiert. Grundlage dafür bildet ein Text des Philosophen Wolfgang Pircher, dem es vor allem darum geht, historische „Monumente” der Geldtheorie zu versammeln. Denn das Phänomen selbst, stellt zwar nach seiner Auffassung ein soziales Verhältnis dar, wird aber als solches eben nur in Geldproblemen greifbar, die jedoch theoretisch nicht aufzulösen sind. Die Komplexität der Megamaschine kann letztlich nur erahnt und beschworen werden, obwohl einzelne Mechanismen empirisch zu beweisen sind. So lassen sich etwa die Möglichkeiten eines Staates durch künstliche Erhöhung der Menge des Papiergeldes zusätzliche Kaufkraft zu gewinnen – was etwa im Kriegsfall interessant wird – einigermaßen genau berechnen. Die dadurch ausgelöste Inflation erreicht mit Sicherheit den Punkt, an dem das Geldsystem zusammenbricht – den Schaden haben vor allem die Kleinverbraucher. Die Philosophie des Geldes bewegt sich hier auf einer Ebene, die der der Politik entspricht. Revoltierende Verlierer im Aktienspiel erscheinen genauso wie die Opfer von Wucher oder Kapitalkonzentration als der massiven Logik ausgelieferte Gestalten. Da fragt sich, ob es keine andere Möglichkeit der Souveränität gegenüber dem Geld gibt, eine, die nicht auf der Geldmenge beruht, über die ein Subjekt verfügt. In der Ausstellung fällt die Aufgabe, danach zu suchen, den Kunstwerken zu. Schon im Überblick fällt auf, dass die Einheit des Geldes eine Vielfalt von Wünschen, Vorstellungen und Verwendungsmöglichkeiten zusammenzwingt, deren Diskontinuitäten und heterogene Wurzeln hier ein vorübergehendes museales Asyl finden. Dieser Blick von unten auf das soziale Phänomen kann sich auf der gesellschaftlichen Tiefstlage verfangen, wie den ärmsten Bevölkerungsschichten unserer globalen Welt. Dann führt er etwa zu der lapidaren Feststellung, die Oliver Ressler in Leuchtschrift an der Aussenwand des Centrums für Gegenwartskunst installieren ließ: „Die Hälfte der Weltbevölkerung lebt von weniger als 25,- öS pro Tag.” Fakten wie diese werden in der Regel aus dem normalen Alltag – und das ist der der so genannten ersten Welt – verdrängt und ausgeblendet. Exemplarisch demonstriert aber Timm Ulrichs die Tatsache, dass die Banken auch hier die kleinen Kunden ausbeuten, indem er hundert Mark der Reihe nach in verschiedene Währungen umtauschen lässt, bis am Ende nur noch ein paar Münzen übrig bleiben. Als Serie von anonymen Quittungszetteln wirkt die Arbeit wertneutral, wodurch der provokative Inhalt umso schärfer zum Ausdruck kommt. Auch Michael Kos schlug in diese Kerbe, als er mit der Parole „Banken sind rechtswidrig” am Weltspartag in Wien demonstrieren ging. In seinem Ausstellungsbeitrag schlägt er darüber hinaus subtilere Töne an, wenn er etwa über einen Apparat, der „die Musik des Geldes” thematisiert, Abstraktion und Sinnlichkeit konfrontiert und daraus Argumente für eine Utopie gesellschaftlicher Ausgeglichenheit ableitet. Auch diejenigen Teile der Menschheit, die ökonomisch vergleichsweise gut dastehen, leiden unter einem Aufbegehren, das gegen die harten Gesetze des Geldverkehrs zu revoltieren sucht, und sei es nur das Begehren des Unbewussten. Dagobert Duck repräsentiert jene Form der Perversion, die Geld mit frühkindlichen analen Bedürfnissen auflädt. Otto Johannes Adler bietet neben kommentierten Szenen dieser mythischen Figur die Möglichkeit, selbst in einer dicken Schicht von Schillingen zu baden. Liz Miller setzt perverse Phantasien dieser Art stellvertretend in Szene, wobei nicht allein die Berührung von Goldstücken mit dem Körper lustvoll zelebriert wird. Speziell auf orale Bedürfnisse zugeschnitter, goldener Schmuck wird in einer Fotoserie fast verschlungen, und eine weitere orgiastische Performance hat die Vermischung von Gold und Blut zum Inhalt. „Der Wunsch ignoriert den Tausch, er kennt nur den Diebstahl und die Gabe.” – Zitate wie dieses (von Deleuze) druckte Rembert Rayon auf eine Serie von österreichischen Banknoten und versucht damit Fragen zu beantworten, die im gewöhnlichen Umgang mit den Währungseinheiten gar nicht bis ins Bewusstsein vordringen. Aber im individuellen Traum vom großen Geld spielen rationale Überlegungen keine wesentliche Rolle. Dessen, was durchschnittlich wichtiger zu sein scheint, nehmen sich die KünstlerInnen an, die unter dem Namen FLAP als eine Art psychoanalytischer Hostessenservice firmieren. In ihrer Installation bieten sie ihren Körper und eine Reihe weiterer Attribute privilegierter Existenz als symbolische Gabe an, die vor allem ein unerfülltes Bedürfnis nach Zufluss von mütterlicher Liebe bzw. Milch zu ersetzen verspricht. Aus einer anderen Richtung kommen künstlerische Ansätze, den Wert von Banknoten und den Wert von Kunstwerken gegeneinander auszuspielen. Sei es dass Arman Dollar-Noten in Polyesterfiguren eingießt, Carla Degenhardt Papiergeld bestickt, Arnold Reinthaler Münzen eine zusätzliche Prägung verleiht, oder dass Thomas Huber seine Produktion als Bankgeschäft thematisiert, – immer geht es darum, die Mechanismen der Wertschöpfung mit der eigenen Fähigkeit zu alchemistischer Transformation zu messen. So betrachtet, scheint die Kunst als soziales Geschehen ähnlich rätselhaft zu sein wie das Finanzwesen. Eine Sozialmaschine wird in einer anderen thematisiert und es ergeben sich Kontrast- oder Wechselwirkungen, ohne dass sich eine klare Erkenntnis abzeichnet. Joseph Beuys hat die Formel „Kunst = Kapital” auf einen Geldschein geschrieben. Genau diese Behauptung einer Gleichheit, einer zugrundeliegenden Gemeinsamkeit als identischem sozialen Rohstoff, widerlegt diese Ausstellung. Insofern kann es auch keineswegs darum gehen, das Ende einer Ära zu zelebrieren. Weder der Euro noch das elektronische Geld werden daran etwas ändern, dass in den großen Systemen viele kleine Unruheherde verteilt sind. Sozialmaschinen scheinen nur homogen, wenn sie von weit oben betrachtet werden.
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