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Kosmische Sehnsucht – The Domain of the Great Bear 3/3


Der orbitale Tourismus liegt zwar erst in den Anfängen, der Kampf um die Erschliessung des Weltraums hat aber längst begonnen. GPS, Sat-TV oder Star-War-Projekte geben den Ton an, aber auch die Kunst beginnt diesen jedenfalls bisher noch nicht privatisierten Raum für sich zu entdecken. Die Ausstellungsreihe „The Domain of the Great Bear” sondiert dieses Gebiet in drei Teilen, wobei der übergreifende Titel eine frühe Arbeit von Mel Bochner & Robert Smithson zitiert, die auf ironische Weise ein kosmisches Begehren einklagt, das von institutionellen Darstellungen, wie dem von ihnen exemplarisch analysierten Hayden-Planetarium (New York), systematisch diszipliniert zu werden pflegt.
Davon ausgehend arrangierten die KuratorInnen Anja Casser und Beate Engl zunächst eine Materialsammlung in Form eines Workshops, zu dem Künstler und Theoretiker eingeladen waren. Die zusammengetragenen Funde visionärer Projekte oszillieren zwischen Skurrilität und Bedrohlichkeit, und bieten reichlich Ansatzpunkte und Fragestellungen für die anschliessend vorgestellten Arbeiten.
Im jetzt gezeigten dritten Teil des Projekts fällt der Blick zunächst auf Kai Schiemenz’ dreiteilige Installation: Eine Videoprojektion zeigt unter dem Titel „solar system” Darsteller, die gedachte Planetenbahnen in einer Turnhalle mit genüsslichem Stumpfsinn beschreiten; ein grosses podestartiges Sperrholzobjekt, das der Formensprache des Konstruktivismus gehorcht, fungiert als Sitzmöbel und Diskussionsplattform; und dazwischen hängt wie ein ins Monströse mutierter Kronleuchter die absolute Basic-Version eines Planetariums, was der Projektion wiederum einen gebrochenen, und damit komplexeren Status verleiht.
Den eher bedrohlichen Aspekt des Themas liefert Christoph Keller mit Videodokumenten zum Chemtrail-Phänomen, d.h. zu der in den USA populären Verschwörungstheorie, dass manche Düsenflugzeuge durch Additive im Flugbenzin den Zustand der Erdatmosphäre negativ beeinflussen. Stefan Wischnewski greift das Thema der Medialisierung des Weltraums in Form einer Verwechslungskomödie auf, wenn er die bei der ersten Mondlandung verwendete Kamera aus Alltagsgegenständen nachbaut und damit die damaligen Orte für Aufnahme-Tests (in Schweden) aufsucht, um sie dort zu fotografieren und dann zurückzulassen – welches Schicksal auch die Mond-Kamera ereilte. Beate Engl simuliert den Blick auf den Grossen Bären mithilfe von Glasfasern und LEDs und unterlegt diese low-tech-mässige Erhabenheit mit Tonfragmenten aus dem Film „Things to come”, wo es um die Auseinandersetzung zwischen Künstlern und Wissenschaftlern geht, die sich jedoch in der Beschwörung grosser technischer Visionen und ihrer eigenen hervorragenden Rolle darin einig sind. Von dieser Form der Sehnsucht sind die Beiträge der Ausstellung allerdings astronomisch weit entfernt.

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Michael Hauffen

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